Folge 096: Von der Vorbereitung zum ganz persönlichen Sieg

Einige Monate musste der auf den Rollstuhl angewiesene Boris Guentel um die Genehmigung eines Handbikes kämpfen. Nach der Bewilligung im März 2015 stand fest, dass er nun sein Vorhaben, etwas ganz Großes zu tun, in die Tat umsetzen würde. 112 Kilometer am Stück mit dem Handbike hatte bereits jemand vor ihm geschafft. Allerdings fiel Boris in dieser Entfernung kein lohnenswertes Ziel ein und so entschied er sich, mit seinem Handbike gut 300 Kilometer von Cloppenburg nach Kappeln an der Schlei zurückzulegen – ein Ort, in dem er sich heimisch fühlt. „Da haben die Leute mir einen Vogel gezeigt im Bekanntenkreis und gesagt, was soll denn der Quatsch, das ist doch gar nicht zu schaffen“ – erinnert sich der Rekordler.

130 Tage bis zum Start

Bereits am ersten Tag legte Boris Guentel elf Kilometer mit seinem hart erkämpften Handbike zurück und erntete dafür Muskelkater. Er berichtet von dem charakteristischen Kampf seines Kopfes gegen den Körper: „Der Kopf sagt immer, logisch geht das, mach das, der Körper sagt – hey, ich kann aber nicht, mach langsam“. Es folgte die Aufstellung eines konkreten Trainingsprogramms – das Zurücklegen immer längerer Strecken wurde durch Hanteltraining und die Arbeit mit einem Sportphysiotherapeuten sinnvoll ergänzt. Ebenfalls vorbereitend musste Guentel zahlreiche Genehmigungen einholen, um für sein Vorhaben die Bundesstraßen nutzen zu dürfen, und auch die Ausstattung seines Handbikes wurde ergänzt. Tausende Kilometer legte er in der Vorbereitungszeit zurück, bis es in Cloppenburg an den Start ging.

Startschuss am 8. August 2015

Um 23 Uhr war es so weit – zahlreiche Menschen hatten sich auf dem Marktplatz in Cloppenburg versammelt, um Boris Guentel applaudierend bei seinem Start zu begleiten. Davon angespornt, „ich habe heute noch das Klatschen der Leute in den Ohren“, warf er sein eigentliches Konzept, durchschnittlich etwa 28 Stundenkilometer zu fahren, über Bord. „Du fährst jetzt schneller“, entschied Guentel spontan. Der rekordverdächtige Erfolg und überwältigende Empfang in Kappeln gaben ihm recht.

Mobilisierung der letzten Kraftreserven

Gesundheitlich war der Rollstuhlfahrer schon im Keller, wie er es selbst bezeichnet. Er mobilisierte alle verfügbaren Kraftreserven, wollte wieder auf die Höhe kommen, und bereitete sich auf einen Widerspruch vor. Dabei kam ihm seine einstige Tätigkeit als Reha-Techniker zugute. Außerdem führte er Gespräche mit Handbikern, anderen Reha-Technikern und Ergotherapeuten, las sich ausführlich in das Thema ein und informierte sich über die Rechtsprechungen der vergangenen Jahre. Das Hauptargument des Kostenträgers, ein Handbike sei wenn überhaupt für Kinder und Jugendliche zu genehmigen, keinesfalls aber für Erwachsene, da ein Fahrrad kein Grundbedürfnis sei, war inzwischen durch verschiedene Gerichtsurteile widerlegt. Diese erkannten die gesundheitsfördernden Aspekte an. So verfasste er schließlich einen Widerspruch von neun Din A4-Seiten Länge, in welchen er sämtliche gesammelten Informationen und Argumente einbrachte. Ende März wurde sein Hilfsmittel schließlich genehmigt.

Etwas richtig Großes machen

Noch bevor Boris Guentel den Widerspruch einlegte, war ihm klar: „Wenn ich das jetzt überstehe, will ich noch mal was richtig Großes machen“. Er sah das Handbike als therapeutisches Mittel, aber auch als Möglichkeit, sich selbst etwas zu beweisen. Nebenbei konnte er seine Gesundheit stabilisieren. Nachdem das Handbike, eine Standardausführung, in der Konstruktion fachgerecht auf seine individuellen Bedürfnisse eingestellt und straßenverkehrstauglich gemacht war, fuhr er gleich elf Kilometer damit. Er recherchierte, ob es bereits Menschen gab, die damit längere Strecken zurückgelegt hatten, und stieß auf einen, der 112 Kilometer mit dem Handbike bewältigt hatte. Der Sportsgeist regte sich: „Daraus musst du irgendwas machen“. Das Ergebnis waren noch im Jahr 2015 über 300 am Stück zurückgelegte Kilometer von Cloppenburg nach Kappeln an der Schlei.

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